Am vergangenen Wochenende kam ich in einem Gespräch an dem Thema Perfektionismus vorbei. Da ich selbst nicht ganz frei davon bin, hörte ich mich an der einen oder anderen Stelle sagen: „Das hat was mit meinem Perfektionsstreben zu tun.“ Ein großer Schritt, wenn ich an mein Ich von vor 10 Jahren zurückdenke. Damals formulierte ich es so: „Ich bin viel zu perfektionistisch.“ Und darauf folgte ein schlechtes Gefühl aufgrund der selbstvernichtenden Kritik, die in meinem Kopf losratterte.
Kennen wir das nicht alle? Gedanken wie „Ich bin zu dick.“, „Ich bin zu langsam.“ oder „Ich bin zu ungeduldig.“ sind schnell gedacht. Schnell ausgesprochen. Manchmal sprechen wir diese negativen Gedanken aus, ohne sie bewusst wahrzunehmen. Und dennoch sind sie da, und ob unausgesprochen oder nicht, sie machen etwas mit uns. Sie lassen uns nicht gut fühlen. Bringen Sorgen, Frust und Leid in unser Leben, das wir doch eher voller Freude und Lebendigkeit leben wollen. Tatsächlich leiden wir darunter, dass wir uns nicht selbst annehmen, wie wir sind. Irgend etwas ist nicht gut genug. Nicht gut genug, wie wir aussehen. Nicht genug, wie wir uns unseren Partner:innen, Freund:innen oder Kindern gegenüber verhalten. Nicht gut genug, wie wir im Job auftreten. Doch das geht auch anders, und zwar mit einer ordentlichen Portion Selbstakzeptanz.
Selbstakzeptanz, was ist das?
In kurz: Selbstakzeptanz kommt vor Liebe
Selbstakzeptanz steht für mich vor der Selbstliebe. Davon hast du sicher schon gelesen oder gehört: Wenn es uns nicht gelingt, uns selbst zu akzeptieren, wie sollen wir uns dann gar lieben? Bei der Selbstakzeptanz geht es darum, dass wir uns mit all unseren Stärken und Schwächen sehen, so, wie wir eben sind. Das heißt jedoch nicht, dass damit keine Veränderung erlaubt ist. Dabei klingt es einfach zu sagen: „So bin ich nun mal und das ist auch gut so.“ Hier lässt sich in beide Richtungen schauen. Denn Selbstakzeptanz meint ganz klar, uns selbst anzunehmen, ohne dass wir etwas davon kritisieren oder bewerten. Auf sich selbst schauen also – ganz wertbefreit. Und diese Neutralität öffnet Türen zu neuen Einsichten, Perspektiven und Handlungen. Ein Wachstumsschub!
Wenn ich also denke: „Ich bin perfektionistisch. Das geht gar nicht. Das kann ich nicht akzeptieren. Ich mag das auch bei anderen nicht. Perfektionistische Menschen sind pedantisch und schlecht.“, dann konzentriere ich mich lediglich darauf, was ich nicht (mehr) möchte. Damit stehe ich Wachstum jedoch im Weg, weil sich meine Gedanken nur um den Mangel drehen. Wenn ich jedoch denke: „Ich bin perfektionistisch. Damit ist es jetzt vorbei. Was kann ich tun, um mehr Spontanität und Überraschungen in mein Leben zu bringen?“ setze ich den Fokus auf das, was ich möchte, sodass ich die Möglichkeit habe, ins Handeln zu kommen. Damit bin ich ganz in meiner Selbstbestimmtheit und kann mein Leben nach meinen Bedürfnissen gestalten.
Wer bin ich denn nun?
Eine Runde Selbstreflexion führt zu neuen Erkenntnissen
Ich habe mich noch einmal neu kennen gelernt. Wer bin ich? Ich bin tief getaucht, um meine Antworten herauszuarbeiten. Es war ein Prozess, der auch mit Schmerz verbunden war. Doch ich wusste, hier lohnt es sich erst recht, genauer hinzuschauen. Hin und wieder bin ich auch wieder davongelaufen. Wer schaut schon gern hin, wo es wehtut? Ich wusste, dass darin etwas von Wert steckt, sich mit mir selbst zu beschäftigen. Dabei habe ich mir vor allem folgende Fragen gestellt:
- Welches Verhalten an mir macht mir Schwierigkeiten?
- Welche Eigenschaften an mir mag ich nicht?
- Welche Gedanken und Gefühle bereiten mir Probleme?
- Was möchte ich schon lange an mir verändern?
Die Antworten habe ich auf mich wirken lassen. Sie einfach da sein lassen. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich vor vielen Jahren noch mehr damit beschäftigt war, mich mit jeder einzelnen Schwäche lang und breit auseinanderzusetzen. Das Gedankenkarussell an seine Grenzen zu führen. Gebracht es mir nicht allzu viel. Und am Ende sagen die Antworten auch nicht wirklich viel über mich aus. Es sind schlicht Gedanken, Gefühle, Stimmen, die von innen kommen. Die mit Erfahrungen aus der Vergangenheit verknüpft sind. Ich habe mir erlaubt, all das einfach da sein zu lassen. Es war eine Übung für mehr Leichtigkeit. Und es ist immer eine Übung, wenn die Stimmen mal wieder lauter werden. Heute lasse ich mich davon nicht mehr so beeinflussen.
Annehmen, was da ist, ist letztlich so viel einfacher als in den Widerstand zu gehen. Ich habe viel mehr Energie, etwas zu verändern, um somit für mehr Zufriedenheit in meinem Leben zu sorgen.
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