Alle Macht dem inneren Kritiker?

Alle, Mindset, Persönlichkeit | 24. November 2021

Kennst du das? Du hattest gerade ein Gespräch, das dich gefordert hat. Du hast dich vorbereitet. Du hast dir Mut zugesprochen und bist mit einem Lächeln ins Gespräch gestartet. Dann ist das Gespräch vorbei, Erleichterung breitet sich aus. Dann hörst du diese leise Stimme im Kopf, die dir einflüstert „Ich hätte besser antworten müssen.“, „Ich hätte besser zuhören sollen.“ oder „Ich hätte viel mehr sagen sollen.“. Die Stimme wird lauter, wenn du ihr zuhörst, bis sie gänzlich von dir Besitz nimmt und dir all das sagt, was dich schlecht und minderwertig fühlen lässt. Und ehe du dich versiehst, sitzt du schon im Gedankenkarussell. Dir fallen ähnliche Situationen ein. Aus längst vergangenen Beziehungen. Aus längst vergangenen Jobs. Aus Streitigkeiten mit deiner Familie. Unsere Vergangenheit ist voll mit negativen Erfahrungen. Selbstkritik und Selbstablehnung wirken selbstzerstörerisch. Und damit bist du nicht allein!  Ich habe im Laufe meines beruflichen wie persönlichen Lebens viele Menschen kennen gelernt, die sich selbst wenig wert gefühlt und wenig geachtet haben. Und auch in meinem Leben gab es Zeiten, die dahingehend gut an mir gekratzt haben. Doch warum gehen wir so mit uns um?

Warum üben wir Selbstkritik?

Die Wurzeln liegen in der Kindheit

Ein Blick in die Kindheit verrät uns, warum. Gerade in den ersten Lebensjahren können wir noch nicht für uns selbst sorgen, sodass wir sowohl körperlich als auch emotional von unseren engsten Bezugspersonen abhängig sind. Wir brauchen sie, um evolutionsbedingt unser Überleben zu sichern. Zuerst kommen da die eigenen Eltern ins Spiel, dann Großeltern, Erzieher:innen, und deren Zuneigung wollen wir uns nicht verscherzen.  Wir hören also immer wieder Belehrungen („Mach das nicht!“), Korrekturen („So macht man das!“) und Ermahnungen („Hör auf damit!“) und… passen uns an. Wir lernen, die Kritik unserer engeren Umgebung, wenn es zu Fehlern und Schwächen kommt, ernst zu nehmen und verurteilen uns selbst dafür, nicht gut genug zu sein. Hier erscheint der Kritiker auf der Tanzfläche unseres Lebens. In seiner Gestalt hast du dich fortan selbst belehrt, korrigiert und ermahnt. Somit bist du deinen engsten Bezugspersonen immer ein Schritt voraus gewesen und warst „lieb“ und „artig“ zu deinen Mitmenschen, um einer potenziellen Bestrafung zu entkommen.

Heute sind wir erwachsen

Wie sehr hat dein innerer Kritiker noch Macht über dich?

Inzwischen bist du jedoch aus den Kinderschuhen entwachsen und stehst mit beiden Füßen fest im Leben. Und dein Kritiker ist immer noch dabei, um dich fertig zu machen. Und damit ist er nun allein, denn deine Eltern, die dich sicherlich auch gelobt und dir Aufmerksamkeit geschenkt haben, sind nicht mehr direkt an deiner Seite. Und so findet jedes Nörgeln, Meckern und Zweifeln des Kritikers über deine innere Stimme dein Gehör. Schlimmstenfalls attackiert er dich dermaßen, dass du nicht nur dein Selbstvertrauen und dein Selbstbewusstsein verlierst, sondern gar in die Depression rutschst. Aber hast du ihn schon einmal gefragt, ob und wie du ihn wieder loswerden kannst?    

Die innere Stimme erfüllt ihren Zweck

Den inneren Kritiker für sich nutzen

Tatsächlich kannst du lernen, konstruktiv mit deinem Kritiker umzugehen. Der eine oder andere schafft es mit Meditieren, dem imaginären Stopp-Schild oder dem Hinterfragen der fiesen Gedanken.  Hast du jedoch schon einmal probiert, ihn tatsächlich anzuhören? Wie wäre es mit einem Dialog, um ihm zuzuhören und ihn ernst zu nehmen? Ja, das klingt im ersten Moment vielleicht komisch, kann jedoch helfen. In allererster Linien zu verstehen, dass uns der innere Kritiker Beschützer und Unterstützer sein möchte. Aufschreiben kann hierbei helfen, sich den inneren Dialog bewusst zu machen. 

Wie wäre es mit einem Gegenspieler?

Stell' dir einen Inner Coach An Deine Seite

Inzwischen habe ich meinem Kritiker noch einen inneren Coach zur Seite gestellt, der mich des Lobens befähigt, wenn mir etwas Gutes gelungen ist – vor allem, wenn im Vorfeld Selbstzweifel aufs Spielfeld kamen. Die beiden sind so was wie mein Inner Dream Team, weil sie sich gegenseitig unterstützen. Und das hilft mir am Ende, neue Entscheidungen zu treffen, die mich in meinem Handeln bestärken. Ich erinnere mich dabei stets daran, dass das Ganze Zeit braucht, sich einzuspielen. Wenn du also erwartest, dass du schon morgen mit deinem Kritiker Arm in Arm läufst, wirst du schnell eines Besseren belehrt. Erlaube dir also, an dich zu glauben – und deinen Kritiker wertzuschätzen.   

Photo by Michal Vrba on Unsplash

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