Erst letzte Woche ist es mir schon wieder passiert: Ich arbeitete an einer Aufgabe und wollte sie unbedingt noch fertig stellen, bevor ich mich mit etwas anderem beschäftigte. Ich hatte schon sehr viel Zeit investiert und merkte gar nicht, wie verbissen ich bei der Sache war. Hin und wieder tauchte ein Kinderkopf auf und fragte mich etwas (für mich) Belangloses. Ich gab Antworten, jedoch nicht 100% dem Kind zugewandt. Irgendwann ertappte ich mich dabei, stieg aber aus der Situation nicht aus, obwohl ich den Stress spürte, der in mir brodelte. Der Gedanke, die Aufgabe nicht zu Ende zu bringen, stresste mich noch viel mehr. Und es war nicht mal so, dass ich irgendeiner Frist folgte oder hinter mir jemand stand, der die verbale Peitsche schwang. Im Grunde war ich also selbst verantwortlich, für meine Gedanken, meine Gefühle und mein Handeln. Irgendwo tief in mir war eine leise begleitende Stimme, die flüsterte, dass ich mir mal eine Pause gönnen oder auch am nächsten Tag weitermachen kann. Ich nahm das Flüstern kaum war. Meine Aufgabe schaffte ich, auf das Ergebnis war ich stolz. Jedoch brachte es meine Tochter noch eine Woche später noch auf den Punkt: “ Mama, letzten Montag warst du richtig gestresst!“. Ich hatte die Situation schon reflektiert und quasi vergessen, mein Lieblingsmensch nicht. War es das wert? Ganz sicher nicht. Da ich mich seit Jahren mit persönlicher Entwicklung beschäftige, weiß ich, dass da meine inneren Antreiber am Werk waren.
Unsere fünf inneren Antreiber
Fluch und Segen zugleich
Innere Antreiber entstehen – natürlich – in der Kindheit. Vielleicht erinnerst du dich oder hast dich deinen eigenen Kindern gegenüber schon dabei erwischt, sie mit Anweisungen oder Ermahnungen zu fordern. Nett gemeint, sollen diese doch dabei helfen, das Leben leicht zu nehmen. Dabei können Glaubenssätze entstehen, die uns im weiteren Verlauf unseres Lebens Steine in den Weg legen. Was genau sind denn nun diese inneren Antreiber?
In mir wüten hin und wieder gleich mehrere Antreiber, und das ist wohl ganz normal. Die Ausprägung macht letztlich einen Unterschied. Man unterscheidet zwischen folgenden fünf inneren Antreibern, die wiederum für positive Eigenschaften stehen:
- „Sei perfekt!“ steht für fehlerlos und genau.
- „Sei gefällig!“ steht für liebenswürdig und freundlich.
- „Sei stark!“ steht für stark und unabhängig.
- „Streng dich an!“ steht für gründlich und ausdauernd.
- „Beeil dich!“ steht für schnell und lösungsorientiert
Positive Eigenschaften – das klingt doch erst einmal gut, oder? Jedoch Obacht, Medaillen haben immer zwei Seiten. Perfekt sein zu wollen, bedeutet nämlich auch, sich schnell in Details zu verlieren und nie wirklich mit der eigenen Leistung zufrieden zu sein. Sich stets anzustrengen, sorgt dafür, dass man in der Regel zu viele Aufgaben übernimmt und sich schwer tut, um Hilfe zu bitten. Hier ein bisschen mehr Details dazu, was euch spätestens hier einen meiner Antreiber erraten lässt:
ANTREIBER | VORTEILE (AUSWAHL) | NACHTEILE (AUSWAHL) |
---|---|---|
Sei perfekt! | – arbeitet detailgetreu – bringt viel Geduld auf – plant sehr genau | – lässt keine Fehler zu – überarbeitet Aufgabe mehrmals – delegiert ungern |
Sei gefällig! | – ist teamfähig – verfügt über eine hohe Empathie – hilft gerne | – tut sich schwer mit Entscheidungen – stellt eigene Bedürfnisse zurück – kann schwer Nein sagen |
Sei stark! | – handelt konsequent – ist „Fels in der Brandung“ – bewahrt den Überblick | – kann kaum Gefühle zeigen – lässt keine Schwächen zu – hält Andere auf Distanz |
Streng dich an! | – ist vielseitig – zieht Aufgaben durch – gibt bei Problemen nicht auf | – nimmt Anderen Aufgaben ab – arbeitet nicht unbeschwert – akzeptiert eigene Grenzen nicht |
Beeil dich! | – verliert sich nicht in Details – ist flexibel und offen für Neues – delegiert gerne | – unterbricht gerne – ist stark im Multitasking – verbreitet Hektik |
Hast du deine eigenen Antreiber schon identifiziert? Wenn du dein Wissen um deine eigenen inneren Antreiber vertiefen möchtest, nutze einfach einen der vielfach im Internet verfügbaren Tests.
Sei dir deiner inneren Antreiber bewusst
Neue Glaubenssätze lassen innere Antreiber schwächeln
Wir haben mit unseren inneren Antreibern Glaubenssätze in uns fest verankert. Zum Beispiel steckt mit dem Antreiber „Sei perfekt!“ in uns der Glaube „Ich darf keine Fehler machen.“ Aber ist das wirklich wahr? In unserem Leben sind uns viele Fehler begegnet. Ist davon die Welt untergegangen? Sicherlich nicht, auch nicht die eigene. Ich darf ich mir also auch erlauben, Fehler zu machen. Regelmäßig reflektiert, lässt dies meinem inneren Antreiber schnell die Puste ausgehen. Noch ein Beispiel? Mich treibt hin und wieder an, es anderen recht machen zu wollen. Ich habe offenbar schon ganz früh den Glaubenssatz entwickelt: „Meine Bedürfnisse sind nicht wichtig.“. Es gab Zeiten, da habe ich sogar den (natürlichen!) Drang, während der Arbeit zur Toilette zu gehen, unbewusst ignoriert. Essen? Trinken? Nebensächlich. Warum eigentlich? Weil irgendwer noch auf eine Antwort von mir wartete (Wirklich?). Weil ich eine Aufgabe noch schnell abschließen musste (Fünf Minuten später geht das nicht?). Inzwischen heißt es für mich: „Ich darf eine Pause machen!“ oder auch „Ich erlaube mir, in Ruhe und ohne Ablenkung zu essen.“ Meinen insbesondere natürlichen Bedürfnissen gehe ich also inzwischen nach. Reine Übungssache.
Was sind deine inneren Antreiber? Und: Wie nutzt du dein Wissen um sie, um dein Leben künftig leichter zu machen?
Foto von Tamara Bellis auf Unsplash