Empathie ist in aller Munde. Viele Unternehmen setzen auf sie bei der Auswahl neuer Mitarbeiter:innen. Singles wünschen sich sich eine:n empathische:n Partner:in. Es gibt heute unzählige Zeitschriften, Bücher und Podcasts, in denen Empathie ihren Platz findet. Empathie, so heißt es, macht erfolgreich. Empathie macht glücklich. Empathie – das muss man einfach haben.
So viel ist sicher, Empathie ist machtvoll, vor allem in der Kommunikation mit anderen. Das fällt auch gerade in diesen unsicheren Zeiten auf. Zeiten, in denen ein Virus uns durch Distanz emotionale (Ver-)Bindungen erschwert. Der starken Wirkung von Empathie können wir jedoch auch selbst begegnen, und zwar in der Art und Weise, wie wir mit uns selbst sprechen. Und hier halte zumindest ich es folgendermaßen: Wenn es nicht möglich ist, mir selbst hinreichend empathisch zu begegnen, wie soll mir das anderen gegenüber gelingen? Und was heißt das nun, emphatisch zu sein?
Was ist Empathie überhaupt?
Empathie geht tief
Macht man sich auf die Suche nach einer eindeutigen Begriffsdefinition, führt zumindest das Internet die verschiedensten Fachausdrücke zur Empathie auf. Einfühlungsvermögen, Mitgefühl, Verständnis, Sensibilität sind Begrifflichkeiten, die am häufigsten in Verbindung mit Empathie auftauchen. Ich habe privat wie beruflich häufig Gespräche erlebt, bei denen Menschen auf Emotionalität wie folgt reagieren: „Oh, du Arme:r!“, „Du, das tut mir Leid!“ oder auch „I feel you!“. Anschließend wird meist das Thema gewechselt, manchmal aus Hilflosigkeit, manchmal zur vermeintlich notwendigen Ablenkung von der Situation. Die selben Menschen bezeichnen sich als empathisch. Empathisches Verhalten geht jedoch viel tiefer.
Empathie ist dann im Spiel, wenn du in der Lage bist, die Empfindungen, Emotionen, Gedanken, Motive und Persönlichkeitsmerkmale von anderen Menschen (leicht) erkennen, verstehen und nachempfinden kannst. Du kannst damit das Verhalten von anderen besser reflektieren und auch besser einschätzen, was dein eigenes Verhalten beim Gegenüber bewirkt. Menschen mit einem hohen Maß an Empathie sind in der Lage, andere Menschen anhand deren Körpersprache (Gestik, Mimik, Körperhaltung, Tonfall) zu lesen. Damit gelingt es ihnen, in deren Gefühls- und Gedankenwelt einzutauchen. Und klar, damit fällt es auch leichter, Mitgefühl zu zeigen, selbst wenn eine Person sich unlogisch oder unnormal in einer Situation verhält.
Empathie hoch drei
Überblick über die verschiedenen Typen
Man unterscheidet zwischen emotionaler, kognitiver und sozialer Empathie. Vielleicht kennst du das? Du erzählst deiner Freundin von deiner erhaltenen Kündigung im Job, und deine Stimmung überträgt sich auf deine Freundin, d. h. sie wird traurig wie du. Deine Gefühle, dein Schmerz, dein Leid reißen deine Freundin fast mit und am Ende laufen vielleicht sogar euch beiden die Tränen übers Gesicht. Deine Freundin möchte unbedingt helfen und sucht bereits am selben Abend nach Stellenausschreibungen, die dir gefallen könnten. Hierbei spricht man von emotionaler Empathie. Handelt es sich bei dir um die mitfühlende Freundin, gilt es aufzupassen. Viel zu schnell kann es passieren, dass du deine eigenen Bedürfnisse aus den Augen verlierst. Du riskierst, dich dann in den Emotionen anderer zu verlieren und dich selbst in einen Strudel negativer Gefühle und Gedanken zu ziehen. Mitgefühl also unbedingt, jedoch sollte das Leid anderer nicht dein Leben beeinflussen.
Bei der kognitiven Empathie geht es weniger um das Fühlen, sondern mehr um das Hineinversetzen in andere. Hier liegt der Fokus also auf den Absichten und Gedanken des Gegenübers, weniger um dessen Gefühle. Hier wirkt also die Ebene des Verstandes, was es dir ermöglicht, aus dem Verhalten abzuleiten, wie sich eine Person in Zukunft verhalten wird. So schaust du deinem Gegenüber also quasi aus der Vogelperspektive zu.
Die soziale Empathie schließlich lässt zu, sich auf die unterschiedlichsten Menschen einzustellen, unabhängig von deren Herkunft, Kultur, Alter oder auch Ansichten. Das zeigt sich zum Beispiel im unterschiedlichen Umgang mit Kindern und Erwachsenen.
Weiterentwicklung leicht gemacht
Kognitive Empathie lässt sich erlernen
Möchtest du dich weiterentwickeln, so setze auf das Lernen von kognitiver Empathie, denn diese kannst du in all deinen Lebensbereichen anwenden. Du verstehst andere Ansichten, wie die deine:r Freund:innen, Kolleg:innen, Vorgesetzte und Kund:innen besser, was wiederum für gesunde Beziehungen sorgt. Auch dein:e Partner:in ist mit allen Sorgen und Problemen besser zu verstehen, sodass eine zielgerichtete Unterstützung und ein gutes Miteinander in der Beziehung möglich werden. Dem Glück kommt ihr damit gemeinsam ein Stück näher. Und hier hört das Lernen auch nie auf, denn das Leben bewegt sich dynamisch, und es gibt immer wieder neue Herausforderungen zu bewältigen. Nachfolgend habe ich noch ein paar Tipps für dich, um dich auf Verstandesebene in Sachen Empathie wachsen zu lassen:
- Übe dich in Selbstreflexion: Schau‘ zunächst auf dich und dein eigenes Verhalten. Was sind deine Absichten, deine Motive? Warum reagierst du, wie du reagierst? Wurde ein Bedürfnis nicht erfüllt? Wie reagierst du in Konflikten? Was ist dein Anteil an der Situation? Hast du alles richtig gemacht? Was hättest du besser machen können? Und dann versuche, dein Selbstverständnis künftig auch anderen zu geben.
- Übe dich im Verstehen: Lerne möglichst unvoreingenommen Menschen (neu) kennen. Zeichne kein Bild des Gegenübers, ohne es zu verstehen. Was du (noch) nicht verstanden hast, erfrage: Was stört konkret? Welche Gefühle sind im Spiel?
- Übe dich im aktiven Zuhören: Denke nicht nur mit, wenn dir andere etwas erzählen. Viel zu schnell schwenken wir auf uns selbst und unsere Erfahrungen um. Bleib‘ beim Gegenüber und stelle Rückfragen. Wiederhole alles Wichtige mit eigenen Worten.
- Übe dich im Beobachten: Im Beobachten anderer liegt der Schlüssel zu deren Gewohnheiten, typischen Reaktionen und Mustern. Erkenne Leidenschaft für Themen, schau‘ auf Gefühle und Körperreaktionen. Im Beobachten liegt eine Menge Kraft.
- Übe dich in Anteilnahme: Zeige ein ehrliches Interesse für dein Gegenüber. Bei Hobbies und Interessen hake nach und höre auch hier gut zu.
- Übe dich in Geduld: Gib deinem Gegenüber Zeit, sich zu öffnen. Nicht jeder Mensch lässt sich schnell hinter die Fassade blicken. Dafür braucht es Zeit und Vertrauen. Schenkst du anderen Zeit, erhältst du Vertrauen und schließlich Offenheit.
Die Welt braucht mehr Empathie
ein anderes Schlusswort
Ein bisschen mehr Empathie täte unserer Welt, unserer Gesellschaft ganz gut. Empathie bringt uns auf unserem Weg weiter und erlaubt eine aufgeschlossene und diverse Form des Zusammenlebens unterschiedlichster Menschen unabhängig von deren Herkunft, Kultur, Persönlichkeit etc. Ein gesundes Maß an Empathie und Selbstreflexion kann uns helfen, uns und unser Umfeld besser nachzuvollziehen und die Menschen zu akzeptieren, die anderer Meinung sind als wir, gleichwohl, aus welchem Grund. Und gesund bleibt Empathie, indem wir zwar unser Verhalten an unsere Beobachtungen anpassen, ohne jedoch unsere Mitmenschen - bewusst oder unbewusst - zu manipulieren. Und natürlich auch indem wir uns nicht zu sehr von den negativen Emotionen anderer mitreißen lassen. Ganz getreu dem Motto: Bleib gelassen und im Moment.
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